Dr. phil. Dörte Gunderson

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Die Konstitution der Zeit im Leben des Menschen

In der Physik bestimmt man die Zeit als Grundgröße. Mit ihrer Hilfe werden dann abgeleitete Größen wie Geschwindigkeit und Beschleunigung definiert. Primär zugänglich ist für den Menschen aber nicht die Zeit, sondern primär sind die Bewegungen. Die Bewegung der Erde um die Sonne definiert ein Jahr, die Bewegung der Erde um ihre Achse definiert einen Tag. Bewegungen konstituieren die physikalische Zeit.

Die klassische Philosophie im Sinne Kants gründet auf dem mein Urteilen begleitenden ich denke, dem transzendentalen Ich. Heidegger versuchte, diesen Ansatz zu unterlaufen durch das Sein, die Lichtung des Seienden im Menschen. Dieser Ansatz scheiterte in Sein und Zeit, weil sich die nachträgliche Verbindung von Sein und Zeit als undurchführbar erwies. Die Zeitlichkeit als Sinn der Sorge: Sich-vorweg, Immer-schon (in einer Welt) als Sein-bei (innerweltlich begegnendem Seienden), bleibt statisch. Diese Lücke schließt Heidegger später in Zeit und Sein, indem er zusätzlich vom Reichen der Zeit spricht.

Für mich ist der Grund der Philosophie das Leben des Menschen in seiner Fülle.

Leben gibt es auch ohne Denken. Nehmen wir als Beispiel eine Lärche. Die Jahresringe geben dem Dendrologen nicht nur Auskunft über das Alter des Baumes, sondern auch über Witterungsverhältnisse, Bodenbeschaffenheit und andere Eigenschaften des Standorts.

Zum Leben des Menschen schreibt der brasilianische Dichter J.L.Borges:

Die Zeit ist ein Feuer, das mich verzehrt, aber ich bin das Feuer.

Dem Menschen ist mit seinem Leben nicht nur Zeit geschenkt, er erzeugt die Zeit in ihrer Fülle auch, indem er lebt. Aktiv und Passiv verschmelzen. Ich spreche von Konstitution der Zeit im Leben des Menschen. Ich lebe-WOW-Zeit!

Ein Aspekt der philosophischen Zeit ist die physikalische Zeit. Nach dem Nobelpreisträger für Physik Richard R. Muller entsteht die physikalische Zeit ständig neu und zwar im gegenwärtigen Augenblick. Das gilt auch für die philosophische Zeit.

Zu diesem Thema veröffentlichte ich folgende Aufsätze:

1. Was ist Zeit? In: Sic et Non. Zeitschrift für philosophische kultur, Sept. 2002
2. Die Konstitution der Zeit im Leben im Leben des Menschen. In: Tabvla rasa-Jenenser Zeitschrift für kritisches Denken, Okt. 2008